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Wer träumt nicht hin und wieder von einem gepflegten Dosenstechen zum Frühstück oder einem 24-stündigen Serienmarathon in der Badewanne? Ronny Rijkaard und Borris Ritter haben keine Mühen und Straftaten gescheut, um sich den Traum der steuerfinanzierten Sorglosigkeit zu erfüllen und endlich am unteren Rand der Gesellschaft anzukommen. Warum auch arbeiten gehen, wenn man stattessen ein dekadentes Leben auf Staatskosten führen kann? Als die beiden sich erstmals in einem Jobcenterbüro einer provinziellen Kleinstadt gegenübersitzen, macht es sofort, ist es klassische „love at first sight“.
Ronny hat gerade die Schule abgebrochen und bei einem Praktikum in einer Schreinerei herausgefunden, was er keinesfalls machen will. Borris hingegen hat sich als Praktikant beim Amt eingeschlichen, um investigativ herauszufinden, wie er als künftiger Empfänger am effizientesten gegen Leistungskürzungen vorgehen kann. Dementsprechend läuft Ronnys Beratungsgespräch erfolgreich für ihn und traumatisch für den Jobagenten. Die beiden machen gemeinsame Sache und leben ihren Traum von grenzenloser Freiheit: Sie klauen Computer, streichen Maßnahmen, definieren die work-life-balance neu und tätowieren sich in der Mittagspause gegenseitig auf dem Schreibtisch von Borris‘ vorgesetztem Sachbearbeiter. Warum kleckern, wenn man klotzen kann? Der Grundstein für den Straßenadel in Spe ist gelegt und die Deutschrap-Formation HARTZ ANGELS geboren.
„Uns verbindet vor allem der Hass auf die kapitalistischen Unterdrückungsmechanismen und die Liebe zum Verbotenen“, verrät Ronny. „Wir stehen halt auf Dosenbier und selbstgedrehte Ziesen statt auf Alkopops und Joints. Wir wollen keine Onkelz-Lieder mitgrölen, sondern Barrikaden anzünden. Denn eigentlich sind wir zwei Dorfpunks, die sich Rücken an Rücken gegen die dogmatische Bevölkerung auflehnen – wie Bud Spencer und Terrence Hill, wie Engels und Marx. Oder Rio und Reiser. Das schweißt zusammen.“ Ihre Botschaft verpacken die HARTZ ANGELS jedoch nicht in Punkrock-Songs, sondern in straighten Punchline-Rap auf Boombap-Beats. „Wir würden natürlich gerne berichten, dass wir durch authentischen Ami-Rap aus dem Ghettoblaster sozialisiert wurden, jedoch bestand unser musikalischer Einfluss eher aus Deutschpunk, der aus einem leiernden Kassettenrecorder schallerte“, berichtet der rappende Leistungsempfänger. „Und da uns die Finesse und das Geld für Instrumente fehlten, mussten wir dann eben auf ein billigeres Genre umsteigen. So sind wir zum Hip Hop gekommen.“ Mit ihren doppeldeutigen Songs führen die Jungs dem Proletariat vor Augen, wie glamourös ein Leben auf „dem Staat sein Nacken“ aussehen kann und spielen dabei auch immer wieder auf gesellschaftliche Missstände an. Der Plan geht auf, denn der chronisch gelangweilte Pöbel feiert die Songs der Hedonisten-Rapper, die inzwischen bei KEIN BOCK ORIGINALS unter Vertrag sind.
Mit der Hilfe von Beat-Mischer O.K. Coolio, der sein Studio nur selten verlässt und deshalb auch nicht als Crewmitglied in Erscheinung tritt, bringen die Faulheitskämpfer schließlich ihre ersten drei Singles „Leben genießen“, „PayTV & Dosenbier“ und „3er BMW“ heraus. Das Establishment kotzt, die Mittelklasse ist verstört, die Arbeiterklasse nickt mit dem Beat. Nun steht mit „Euch die Arbeit, uns das Vergnügen!“ das Debütalbum der HARTZ ANGELS ins Haus. Neben den drei Single-Auskopplungen sind auf der Platte neun weitere Tracks zu finden, die sich alle zwischen samplebasierten Beats und funkigen Eigenkompositionen bewegen. Inhaltlich besinnen sich die Musiker dabei auf ihre Deutschpunk-Wurzeln zurück. Denn sie zeigen sich solidarisch mit allen Abgehängten und schaffen es gleichzeitig, mit einer geradezu unbarmherzig charmanten Arroganz die schönen Seiten des Lebens zu feiern. „Unser Ansporn war es, Songs zu schreiben, die poppig klingen und dennoch eine politische Message haben“, erklärt Ronny. „So handelt der vermeintliche Partysong ‚Miami Nice‘ beispielsweise von der immer größer werdenden Wohnungsknappheit aufgrund der allgegenwärtigen Gentrifizierung, während es sich bei ‚Richtiger Ronny!‘ um eine Persiflage auf den deutschlandweiten Rechtsruck handelt.“ Das Album ist ein Manifest der Faulheit, mit dem die Rapper Haltung beweisen, ohne dabei den Zeigefinger zu erheben. Für alles andere gibt es den Mittelfinger. Es ist die Einladung zu einem Kurzurlaub in die unbeschwerte Welt der Arbeitslosigkeit von Ronny Rijkaard und Borris Ritter.